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Beitrag vom 28.05.2014
Oktober, November - Ein Film mit Ursula Strauss und Nora von Waldstätten. Kinostart: 12.06.2014
Claire Horst
Eine bekannte Schauspielerin spielt eine bekannte Schauspielerin, dieser Plot hat seinen Reiz. Im Mittelpunkt des Films steht die erfolgreiche Filmschauspielerin Sonja (Nora von Waldstätten),...
... die nach langen Jahren in Berlin wieder in ihr Elternhaus in den österreichischen Alpen zurückkehrt.
Nach langer Funkstille sieht sie hier auch ihre Schwester Verena (Ursula Strauss) wieder. Sonja und Verena verkörpern zwei gegensätzliche Pole: Sonja lebt allein in einer riesigen, modernen Wohnung, ihre Liebesbeziehungen beschränken sich auf oberflächliche Affären, und Freundschaften scheint es in ihrem Leben nicht zu geben – abgesehen von Arbeitskontakten, mit denen sie sich bei schicken Abendessen im Small Talk übt.
Ihre Schwester ist aus Pflichtgefühl im Dorf ihrer Kindheit geblieben, wo sie sich um den kranken Vater und das Elternhaus, einen ehemaligen Gasthof, kümmert. Ihre Ehe plätschert vor sich hin, vor allem wegen ihres kleinen Sohnes hält sie daran fest. Dass auch sie mit ihrem Leben nicht vollkommen zufrieden ist, darauf deutet ihre Affäre mit dem örtlichen Arzt hin.
Obwohl der Film mit einigen überraschenden Wendungen und Enthüllungen aufwartet, obwohl biologische Väter aufgespürt und Jahrzehnte umfassende Aussprachen geführt werden, obwohl Liebesbeziehungen aufgekündigt und Leben beendet werden, obwohl also eine existentielle Frage nach der anderen verhandelt wird, wirkt die Erzählung streckenweise doch sehr klischeeverhaftet. Natürlich ist die erfolgreiche Schauspielerin einsam, natürlich wirft die stillere Schwester ihr vor, sie flirte mit allen Männern.
Der Konflikt zwischen den Schwestern trägt die Filmhandlung, und dieser Erzählstrang ist auch der interessanteste. Nach langer Zeit zum ersten Mal miteinander konfrontiert, reflektieren Nora und Verena ihre Biografien, fragen sich nach den Wahlmöglichkeiten, die wir haben. Ist unser Leben von Zufällen bestimmt oder liegt es in unserer Hand, wofür wir uns entscheiden? Der langsame Tod des Vaters (sehr berührend gespielt von Peter Simonischek) lässt alles andere verblassen und verstummen, die Schwestern sind auf die wirklich zentralen Themen fokussiert.
Trotz dieser großen Fragen hat der Film deutliche Längen. Vielleicht liegt es an der allzu eindeutigen Figurenzeichnung, die kaum ein Klischee auslässt. So hat Verena nicht einfach eine Affäre, sondern eine Affäre mit dem gutaussehenden und gebildeten Landarzt (Sebastian Koch).
Sonja muss tief betroffen über einen verwunschenen Waldsee blicken, als der Landarzt ihren Kindheitstraum in Frage stellt: "Bewundert und geliebt, geht das denn überhaupt zusammen?" Natürlich geht es nicht, und eine erfolgreiche Berlinbewohnerin kann kein glückliches Privatleben haben.
AVIVA-Tipp: Nora von Waldstätten spielt die nicht authentische, permanent eine Rolle spielende Schauspielerin ebenso überzeugend wie Ursula Strauss ihre bodenständige und pflichtbewusste Schwester verkörpert. Und trotzdem: Handlung und Figuren sind einfach zu stereotyp gestaltet, um wirklich zu stimmen.
Zum Regisseur: Götz Spielmann wurde 1961 in Wels/Oberösterreich geboren. Er studierte Drehbuch und Regie an der Filmakademie in Wien und drehte Filme für Kino und Fernsehen. Zugleich arbeitet er am Theater und hat 2011 eine Professur an der Filmakademie Wien übernommen.
Oktober, November
Österreich, 2013
Regie: Götz Spielmann
DarstellerInnen: Ursula Strauss, Nora von Waldstätten, Peter Simonischek, Sebastian Koch u.a.
Lauflänge: 114 Minuten
FSK: ab 12
Kinostart: 12.06.2014
Verleih: MFA
Der Film im Netz: www.oktober-november.at